Eine Landkarte des Bewusstseins

Quelle: DPG alte Website

Autor: verschiedene

Das Ei-Modell der Psychosynthese

Hast du dich schon einmal gefragt, wie dein Bewusstsein aufgebaut ist? Was passiert in dir, wenn du träumst, kreativ bist oder plötzlich an eine vergessene Erinnerung denkst? Roberto Assagioli, der Begründer der Psychosynthese, hat dafür ein faszinierendes Modell entwickelt: das Ei-Modell. Es ist eine Art Landkarte, die die verschiedenen Ebenen unseres Bewusstseins und Unbewusstseins darstellt – vom tief verborgenen Instinkt bis hin zu unserer höchsten Inspiration.

  1. Das tiefere Unbewusste: Unsere Urkräfte

Am untersten Rand des „Eis“ liegt das tiefere Unbewusste. Hier schlummern unsere Triebe, Instinkte und naturhaften Bedürfnisse – Überbleibsel aus der langen Evolution der Menschheit. Es ist der Teil von uns, der für das Überleben verantwortlich ist. Aber nicht nur das: In diesem Bereich lagern auch all die Erlebnisse, die wir im Laufe unseres Lebens vergessen oder verdrängt haben. Diese unterdrückten Energien können uns oft unbewusst beeinflussen und Herausforderungen in unserem Alltag schaffen.

Mit der Psychosynthese können wir diesen Bereich erkunden und besser verstehen, was uns „aus der Tiefe“ antreibt.

  1. Das mittlere Unbewusste: Unser „Arbeitsspeicher“

Das mittlere Unbewusste ist vergleichbar mit einer Art innerem Archiv, das alles enthält, was wir jederzeit abrufen können. Das sind unsere Fähigkeiten, Kenntnisse, Erinnerungen und Gefühle, die gerade nicht im Fokus unserer Aufmerksamkeit stehen, aber auf Abruf bereitliegen.

Zum Beispiel: Du lernst Fahrradfahren, und irgendwann wird es zur zweiten Natur – diese Fähigkeit wird im mittleren Unbewussten gespeichert. Wenn du es brauchst, kannst du darauf zurückgreifen.

  1. Das höhere Unbewusste: Unsere Inspiration

Am oberen Rand des Eis liegt das höhere Unbewusste. Hier kommen unsere besten Ideen her: kreative Einfälle, intuitive Einsichten und Inspirationen. Es ist der Ort, an dem Künstler, Wissenschaftler und Philosophen ihre bahnbrechenden Ideen finden.

Doch dieser Bereich ist nicht nur für Genies reserviert – jeder von uns hat Zugang zu dieser Quelle. Die Psychosynthese hilft uns dabei, unser höheres Potenzial zu entdecken und in unser tägliches Leben zu integrieren.

  1. Das Bewusstseinsfeld: Wo wir „im Jetzt“ sind

In der Mitte des Eis befindet sich das Bewusstseinsfeld, also alles, worauf wir uns im Moment konzentrieren. Hier erleben wir die Welt direkt – mit Gedanken, Gefühlen und Wahrnehmungen.

  1. Das Ich oder personale Selbst

Im Zentrum dieses Feldes steht das Ich oder personale Selbst. Es ist das Bewusstsein, das sagt: „Das bin ich.“ Es ist sozusagen der Kapitän, der das Schiff steuert – manchmal bewusst, manchmal eher unbewusst.

  1. Das transpersonale Selbst: Die Kraft, die alles eint

Noch weiter oben, jenseits des persönlichen Bewusstseins, liegt das transpersonale Selbst. Assagioli beschreibt es als eine liebevolle, akzeptierende Kraft, die unser gesamtes Sein durchdringt. Manche Menschen sprechen in diesem Zusammenhang von einem „höheren Geist“ oder einer Verbindung zum Universum.

Das transpersonale Selbst kann uns helfen, unsere innere Balance zu finden, und gibt uns das Gefühl, mit etwas Größerem verbunden zu sein.

  1. Alles eingebettet im kollektiven Unbewussten

Schließlich ist unser individuelles Bewusstsein nicht isoliert. Es ist eingebettet in das kollektive Unbewusste, eine Art „gemeinschaftlicher Speicher“ der Menschheit. Hier finden wir kulturelle Prägungen und Archetypen, die tief in uns verankert sind.

Was wir vom Ei-Modell lernen können

Das Ei-Modell zeigt uns, dass unsere Psyche vielschichtig und dynamisch ist. Die verschiedenen Ebenen stehen miteinander in Verbindung und beeinflussen sich gegenseitig. Es gibt keine starren Grenzen zwischen ihnen – alles ist im Fluss.

Roberto Assagioli wollte uns mit diesem Modell keine strengen Definitionen auferlegen, sondern ein Werkzeug an die Hand geben, um uns selbst besser zu verstehen. Besonders wertvoll ist, dass es keine Bewertungen gibt: Das tiefere Unbewusste ist nicht „schlechter“ als das höhere Unbewusste – es hat einfach eine andere Funktion und einen anderen Ursprung.

Fazit: Eine Reise zu uns selbst

Das Ei-Modell ist nicht nur eine spannende Theorie, sondern auch eine Einladung, uns selbst zu erforschen. Es hilft uns, die verborgenen Kräfte in uns zu entdecken, Hindernisse zu überwinden und unser volles Potenzial zu entfalten.

Wer Lust hat, tiefer in die Psychosynthese einzutauchen, kann durch Übungen und Meditationen einen Zugang zu diesen Ebenen finden – und so Schritt für Schritt mehr über sich selbst lernen.

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